Thüringen befindet sich aktuell auf demselben Weg, den Sachsen-Anhalt 2010 - 2016 gegangen ist. Dieses Vorgehen ist sehr kritisch zu betrachten, denn auch die Vorgaben, Versprechen und Erwartungen sind dieselben wie damals in Sachsen-Anhalt. Dort lässt sich heute sagen, dass die damals gesetzten Erwartungen in Personalersparnis und Kostendämpfung in keiner Art und Weise eingetroffen sind.
Die Problematik wird zum gegebenen Zeitpunkt im Allgemeinen Teil ausführlicher beschrieben.
Aktuelle Situation Thüringen: Kreis- und Kommunalgebietsreform
- Der Freistaat steckt mitten in einer Kreis- Kommunalgebietsreform, welche mit dem Brecheisen hätte durchgezogen werden sollen. Angesichts massiven Widerstandes der Kommunen und nahender Landtagswahlen ist die Regierung zurückgekrebst und verlängert die Phase der "Freiwilligkeit" in die nächste Legislaturperiode hinein.
- Ursprünglich angestrebtes Ziel: Aus 660 selbstständigen Kommunen sollen 400 Kommunen entstehen. mdr hat zum Thema Kreis- und Kommunalgebietsreform eine komplette Chronik im Netz
Logischerweise folgt nun die Anpassung des Schulnetzes ! Das bedeutet mittelfristig Schulschließungen!
Ein neues Schulgesetz soll die Weichen dafür stellen. Die zentralen Stellschrauben sind die Mindestschülerzahlen, übrigens mit Folgen für alle Schulstufen:
Wie klein darf eine Schule sein? Diese Frage beschäftigt die rot-rot-grüne Thüringer Landesregierung seit Jahren. Ab Dienstag gibt es erstmals Zahlen. Dorfgrundschulen müssen mindestens 80 Schüler haben, Stadtgrundschulen 160 Schüler. Für Regelschulen fordert das Gesetz 242 Schüler. Für Gemeinschaftsschulen will Thüringen eine Untergrenze von 264 Schülern, für Gesamtschulen 396 Schüler und Gymnasien brauchen 540 Schüler. Aber was passiert mit den Schulen, die kleiner sind?
Die Landesregierung spricht nun nicht von Schulschließungen, welche zu kleine Schulen betreffen würde. Nein, sie macht auf den ersten Blick einen klugen Vorschlag: Schulverbünde. Mehrere kleine Schulen schließen sich unter einer gemeinsamen Leitung zusammen, womit der Lehrerstundenpool optimal genutzt werden kann.
Der Trojaner
Schulen, welche in einen solchen Schulverbund eintreten, verlieren ihre rechtliche Selbstständigkeit, existieren nur noch als "Außenstelle" der Schule A und sind formalrechtlich keine Schule mehr. Das wirft gravierende Fragen auf, ganz besonders unter der Voraussetzung, dass die ehemalige Standortgemeinde inzwischen zu einem größeren Kommunalgebilde fusioniert wurde....
- Wer ist nun zuständig für die weitere Zukunft einer kleinen Landschule im Schulverbund? Wer entscheidet beispielsweise: "Kosten Nutzen oder Lehrerstunden-Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis, die Außenstelle wird geschlossen?"
- Wie schaut das Schulnetz im dünn besiedelten Raum (auch mit Schulverbünden!) mittelfristig aus, wenn mindestens 80 Kinder und Mindestklassengrößen von 20 Kindern vorgehalten werden müssen?
- Wie findet der Unterricht an einer kleinen Verbundsschule mit 50 Kindern statt? Jahrgangsklassenunterricht, Kombiklassen ?
- Was passiert mit dieser Verbundsschule, wenn die Schülerzahlen wieder steigen? Welches sind die Voraussetzungen, um wieder eigenständige öffentliche Schule zu werden?
- Ist dieser Gesetzesvorschlag die Grundlage dafür, dass mit dieser starren Mindestschülerzahlvorgabe morgen gegründete Schulverbünde in 10 Jahren lediglich noch aus der "Kernschule" bestehen und die Außenstellen wegen "mangelnder Rentabilität" und "zu komplizierter Unterrichtsorganisation" auf Antrag der Schulleitung und der neuen Einheitsgemeinde geschlossen sind? Klar ist: Die ehemals selbstständigen Kommunen haben dazu als "Ortsteil von..." nichts mehr zu sagen.
DAS alles gilt es zu bedenken. In dieser Thematik steckt also sehr viel Sprengkraft für die Zukunft des ländlichen Raumes, denn mit der starren Mindestschülerzahlen-Planung ist angesichts vielfach abnehmender Schülerzahlen bereits jetzt auszurechnen, ab WANN die Schule nicht mehr bestandsfähig ist. DAS wiederum wird dann in der Schulentwicklungsplanung mit "der Standortträger hat Handlungsbedarf!" vermerkt.
Die Folgen: Investitionsstopp, Attraktivität des Schul-Standortes und des Standortes als Ortsteil sinkt, Familenzuzug in den Ort fraglich...
Jedes Gesetz ist so gut, wie die Verordnung, welche ihm folgt! Die Bandbreite kann dabei von "radikalem Schulschließungsprogramm" bis "Sicherung eines ortsnahen Grundschulnetzes im ländlichen Raum" gehen.
Um dazu Sicherheit zu kriegen, bedarf es keiner blumigen Worte, sondern parallel zum Schulgesetz bereits die entsprechenden Verordnungen.
Erst dann wird die wahre Absicht des neuen Gesetzes sichtbar.